Reisebericht der Delegationsreise des Bürgermeisters Frank Stein mit den Vorsitzenden der Städtepartnerschaftsvereine Ganey Tikva – Bergisch Gladbach e.V. und Bergisch Gladbach – Beit Jala e.V. vom 22. – 27.03.2023 nach Israel und Palästina
von Stephan Dekker
Lange war sie geplant, ebenso lange war sie aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich, die erste Reise des neuen Bergisch Gladbacher Bürgermeisters Frank Stein in die beiden Nahost-Partnerstädte Ganey Tikva und Beit Jala. Nachdem bereits im Jahr 2022 der erste Versuch einer Planung am bürgermeisterlichen Terminkalender scheiterte, gelang mit viel Vorlauf dann eine Terminfindung für die zweite Märzhälfte 2023 und so ging es am 22. März dann mit zwei Kolleginnen des Bürgermeisterbüros und den Vorsitzenden der Städtepartnerschaftsvereine für Ganey Tikva und Beit Jala, Lutz Urbach und Stephan Dekker, von Köln über Frankfurt nach Tel Aviv. Für Frank Stein war es der erste Besuch im Heiligen Land und es sollte ein ganz besonderer werden.
Den Terminzwängen von Frank Stein und seiner Amtskollegin Lizy Delaricha aus Ganey Tikva war es geschuldet, dass die Reise zum einen wegen der für den 28.03.2023 terminierten Ratssitzung in Bergisch Gladbach einen Tag früher als zuerst vorgesehen enden musste, zum anderen die Reihenfolge wegen einer Dienstreise Lizy Delarichas nach Eilat bis zum 24.03.2023 vorgegeben war. Es ging also zunächst nach Beit Jala, wo die Delegation in der Abrahams Herberge ihre Unterkunft nahm und in den zweieinhalb Tagen viele Gespräche führte, Kontakte knüpfte, den Sachstand aktueller Projekte ebenso thematisierte, wie auch Planungsgespräche für neue Projekte führte. Außerdem gab es Führungen durch die Stadt Beit Jala und einen beeindruckenden Besuch der Geburtskirche in Bethlehem, bei dem uns der armenische Bischof der Geburtskirche zu einer persönlichen Audienz empfing.
Der Samstag war als „Übergangstag“ von der palästinensischen in die israelische Partnerstadt geplant und so verließ die Delegation die Abrahams Herberge zunächst Richtung Jerusalem. In der Altstadt dieser religiösen und geschichtlich so spannenden Metropole stand bei durchwachsenem Wetter ein etwa vierstündiger Rundweg durch den Trubel und orientalischen Flair der „Old City“ auf dem Programm. Durch das Damaskustor ging es zum österreichischen Hospiz mit traumhaftem Blick über die Dächer der Altstadt, gestärkt nach einem Café Melange österreichischer Rezeptur weiter zur Klagemauer und durch das jüdische und armenische Viertel dann hin zur Grabeskirche, die an diesem Tag auch wegen der anhaltenden Regengüsse allerdings hoffnungslos überfüllt war. Vorher war noch ein Käsekuchen nach deutscher Rezeptur in der Cafeteria der Erlöserkirche ein absolutes Muss.
Von oben reichlich mit (Weih ?-)Wasser gesegnet verließ die Delegation im strömenden Regen Jerusalem in Richtung Ganey Tikva, wo wir – mangels eines eigenen Hotels – schon seit Beginn der städtepartnerschaftlichen Beziehungen in Ramat Gan im Kfar Maccabiah unterkommen. Ein modernes Sporthotel mit einer – jedenfalls für die langjährigen Ganey Tikva-Reisenden – besonderen Atmosphäre, da es nicht nur stets der Ausgangspunkt unserer Besuche war, sondern hier auch immer die Vorgespräche, das letzte Feilen an den Reden, Gedankenaustausche und nicht zuletzt auch die gemeinsamen Abschlussrunden, oft bei einem Glas Wein in der Bar, stattgefunden hatten.
Nach der Ankunft im Hotel blieb ein wenig Zeit zum Ausruhen, bis es dann vor dem Hoteleingang zum langersehnten Wiedersehen mit Lizy Delaricha und Ruthy Vortrefflich kam. Keine Corona-Pandemie und keine noch so instabile politische Lage in der Welt und in Israel konnten es verhindern, dass die Freundschaft, die Herzlichkeit, die Verbundenheit zwischen unseren Städten und deren politischen und bürgerschaftlichen Vertreterinnen und Vertretern verloren geht. Im Gegenteil.
Der erste Weg führte nicht direkt zum Abendessen, sondern nach Kiryat Ono, einer kleinen Stadt westlich von Ganey Tikva, wo die Delegation nicht nur Zeuge, sondern aktive Teilnehmer der seit Wochen andauernden Demonstrationen gegen die geplanten Gesetzesänderungen der Regierung Netanjahu wurde. Ein demokratisches Grundrecht für die Demokratie aktiv wahrnehmen zu können – ein erhebendes Gefühl. Dass die Folgen des Abends mit der Entlassung des Verteidigungsministers durch Benjamin Netanjahu noch Auswirkungen auf die Delegation haben würde, ahnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand.
Zum Abschluss des Abends gab es noch ein gemeinsames Essen mit einer wahren Wiedersehensparty. Neben Lizy und Ruthy gesellten sich noch Zwi und Asif, die wenige Wochen vorher unsere Gäste in Bergisch Gladbach waren, sowie Kobi Zamir, verantwortlich für den Schulbereich in der Stadtverwaltung in Ganey Tikva zu uns. Orna und Oded Ben Ami, die beide ebenfalls teilnehmen wollten, mussten leider kurzfristig absagen.
Leider bekam die Delegation dann auch die Folgen des angekündigten Streiks am 27.03. im öffentlichen Dienst zu spüren, so dass das für Montag geplante Vormittagsprogramm komprimiert auf den Sonntagvormittag gelegt werden musste. Die Delegation wurde von Bürgermeisterin Lizy Delaricha und einigen Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung Ganey Tikva im Rathaus empfangen und nach einem kurzen Imagefilm über die Stadt, einigen Zahlen, Daten und Fakten und den obligatorischen Grußworten von Lizy Delaricha, Frank Stein und Lutz Urbach, sowie dem Austausch von Geschenken, ging es auf eine kurze Stadtbesichtigung und natürlich zum Bergisch Gladbach-Platz mit der Skulptur Ja´chad (hebräisches Wort für „Zusammen“). Auch der Besuch der Partnerschule des OHG und ein extra für die Gruppe von Schülerinnen und Schülern vorgetragener Song war ein Highlight. Frank Stein und Lutz Urbach hatten dabei die Gelegenheit, noch ein kurzes Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern zu führen, die voraussichtlich der nächsten Austauschgruppe nach Bergisch Gladbach angehören werden.
Viel Zeit blieb leider nicht, denn als nächster Höhepunkt stand die Fahrt nach Jerusalem und der Besuch der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem auf dem Programm. Egal, ob das erste Mal dort oder bereits zum dritten oder vierten Mal. Niemand, wirklich niemand wird den Rundgang durch diese Hallen und die Gedenkstätte für die ermordeten Kinder unbeeindruckt verlassen. Erschüttert, bedrückt und fassungslos machen uns diese dort dokumentierten Taten und man fragt sich immer und immer wieder, wie Menschen so etwas anderen Menschen antun konnten, wie so etwas überhaupt geschehen konnte….
Zu unserer aller Überraschung wurde uns dann noch eine unglaublich große Ehre zuteil. In der „Halle gegen das Vergessen“ durften wir auf Initiative der Stadt Ganey Tikva drei Kränze in einer Zeremonie niederlegen, die sonst nur Staatsgästen und besonderen Personen vorbehalten ist. Frank Stein für die Stadt Bergisch Gladbach, Lutz Urbach für den Städtepartnerschaftsverein Ganey Tikva – Bergisch Gladbach und Stephan Dekker für die Stadt Ganey Tikva legten die Kränze nieder und gedachten gemeinsam mit den anderen Delegationsteilnehmern und Ruthy Vortrefflich den Opfern des Holocaust. Ein bewegender, ein beeindruckender Moment, für den wir alle unendlich dankbar waren.
Zum Ausklang des Tages gab es dann noch ein gemeinsames Abendessen in Abu Gosh mit arabischen Spezialitäten in Hülle und Fülle. „Endlich wieder essen“ und „Endlich wieder ein Foto“ waren die geflügelten Worte der Reise, die am nächsten Tag dann ihr unspektakuläres Ende mit den Rückflügen hätte nehmen können, wäre, ja wäre da nicht am Morgen der plötzlich ausgerufene Generalstreik aufgrund der Entlassung des Verteidigungsministers dazwischengekommen, der auch massiv den Flughafen Ben Gurion betraf.
Während die beiden Kolleginnen des Bürgermeisterbüros am frühen Morgen den Weg über Malta nach Amsterdam gewählt hatten und problemlos durchkamen, verzögerte sich der Abflug von Frank Stein und Lutz Urbach nach Amsterdam um ganze fünf Stunden. Zwischenzeitlich sah es sogar so aus, als könne dieser gar nicht stattfinden.
Aber Ende gut, alles gut, landete die Maschine in der Nacht sicher in Amsterdam und auch die Rückfahrt nach Bergisch Gladbach gelang ohne Zwischenfälle.
Fazit: Es war eine gelungene und extrem wichtige Reise in den nahen Osten, bei dem sich Bürgermeister Frank Stein erstmals ein Bild von den beiden Partnerstädten dort machen konnte. Eine Reise, die sicher nicht nur ihn begeistert hat, sondern die für alle Mitreisenden geprägt war von alten und neuen Eindrücken, von Menschen, die dort für ein friedliches Leben, für eine Verbesserung ihrer Lebenssituation und für die Demokratie kämpfen und für die der Austausch mit uns in Bergisch Gladbach unter verschiedenen Aspekten eine ganz besondere Bedeutung hat. Und eine ganz wichtige Erkenntnis: Keine Videokonferenz, kein Telefonat und keine Mail oder WhatsApp-Nachricht kann den persönlichen Austausch ersetzen.